19. Imponier- und Drohverhalten(Dinge gibt´s, die darf´s nicht geben!)Selbst ein Hund mit einer stark ausgeprägten Veranlagung zum Rudelführer wird nicht etwa sang- und klanglos über uns herfallen. Wenn er die Position des Leittieres anvisiert, sondern sich, wie es im Rudel auch üblich ist, Schritt für Schritt vortasten. Denn Rangordnungs- und Machtgerangel haben im Wolfs- und Hunderudel ihre eigenen Gesetze. Es ist eine vorgegebene Abfolge von Provokationen seitens des Emporkömmlings und von Antworten der Machthaber. Nur wenn diese Antworten ausbleiben, kommt es letztlich zu einer ernsthaften Auseinandersetzung. Das ist gut so, denn dadurch haben wir die Möglichkeit, bereits auf erste Alarmzeichen einer sich anbahnenden Rangordnungsauseinandersetzung zu reagieren. Unser Vierbeiner wird sich auch in seinem heimischen Rudel an die Spielregeln halten. Er wird zunächst also durch Imponiergesten nachfragen, ob wir mit seiner „Beförderung“ einverstanden sind. Wenn Hunde völlig ungeniert die gute Stube, die Sachen von Familienangehörigen oder gar deren Beine mit Urin markieren, uns dabei womöglich noch richtig frech und herausfordernd anschauen, dann ist das weder lustig noch nur ärgerlich. Diese Art des Urinmarkierens ist für einen Hund ein Statussymbol und bedeutet für den, den es trifft, nichts Gutes. Das Tier hat offenbar keine sehr hohe Meinung von ihm . Trefflicher kann man dies im Grunde, zumal als Hund, nicht zum Ausdruck bringen, oder? Eine weitere solche Geste des Imponierens, vielfach fehlgedeutet und missverstanden, ist das so genannte Aufreiten. Dabei umklammern Hunde das Bein der Person, die sie „austesten“ wollen und deuten in der Bewegung den Deckakt an. Diese Verhaltensweise hat weniger mit einer fehlgeleiteten oder frustrierten Sexualität des Tieres zu tun, vielmehr bedeutet sie Provokation und darf deshalb nicht durchgelassen werden. Es gibt keinen Grund , peinlich berührt zu sein, dafür sollten wir umgehend „Pfui!“ und „Sitz!“ rufen oder wenn nötig, das Tier am Nackenfell nehmen und zum Sitzen zwingen. Für gewöhnlich fangen Hunde bei den schwächeren Familienmitgliedern, also etwa den Kindern, mit solchen „Frechheiten“ an. Erwachsene sollten die Kleinen wenn sie sich noch nicht selbst durchsetzen können, dabei helfen, das Tier zurechtzuweisen. Andernfalls käme, wie schon erwähnt, eine bestimmte Abfolge von weiteren Provokationen auf die Kinder zu, die über Anknurren, Zähnezeigen, Zwacken oder gar Beißen mit einer schlimmen Logik ins Chaos führen müsste. Es ist also wichtig, daß Sie rechtzeitig bei den allerersten Anfängen, eingreifen und dem Tier deutlich machen, daß Sie mit Ihren Kindern durchaus unter einer Decke stecken und daß es diese genauso respektieren muß wie Sie selbst. Ein solches Vorgehen ist zweifellos auch im Interesse Ihres Hundes, denn wird er zu einer Gefährdung für Ihre Kinder, dann sind seine Tage innerhalb der Familie letztlich gezählt. Wenn Hunde sich ihrer Familie gegenüber allerlei Frechheiten erlauben können, ohne daß man sie in ihre Schranken weist, wenn sie also nach Lust und Laune imponieren, urinmarkieren und aufreiten dürfen, wenn sie auch noch der erste in der Futterrangordnung sind, gehen sie häufig einen entscheidenden Schritt weiter. Sie zeigen die Zähne, knurren oder schnappen gar, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Für ein solches Drohverhalten sollte es keine Entschuldigung geben. Erklärungen wie „Man war ja schließlich selber schuld, man hätte wissen müssen, daß er dieses oder jenes nicht liebt, und eigentlich hat er ja auch nur gezwickt“ sind ungültig. Sie helfen weder dem Tier nicht Ihnen. Spätestens jetzt muß die Situation geklärt werden. Wenn Sie sich allein nicht mehr zutrauen, dann mit verhaltenstherapeutischer Hilfestellung. Das Gefühl von „Respekt“ oder gar Angst vor dem eigenen Hund ist weiter verbreitet als man denkt. Gegebenenfalls sollte man auch dazu stehen, denn häufig ist dieses Gefühl sogar berechtigt. Nicht selten missverstehen sich Menschen und Hunde jahrelang so gründlich, daß eine potentiell tatsächlich gefährliche Situation entsteht. Es wäre schade, es dabei bewenden zu lassen, bis eines Tages wirklich ein ernster Zwischenfall passiert.
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