6. Der Ist-Zustand(Rate mal, was ich gerade denke!)Nun, Hunde sind nicht nur beim Tierarzt so tapfer. Sie sind überhaupt sehr mutige Tiere. Wenn sie nicht gerade Angst haben. Und was machen wir Menschen, wenn unsere Hunde Angst haben? Richtig, vielmehr falsch: Wir versuchen, sie zu beruhigen, zu trösten... Wir sprechen ihnen gut zu, häufig mit dem einzigen Ergebnis, daß unser Tierchen nur noch mehr Angst hat. Nun, das hat seinen Grund und wenn wir den verstehen wollen, müssen wir uns in die Lage unseres Hundes versetzen. Wir wollen der Einfachheit halber ein kleines Beispiel durchgehen: Wir nehmen einmal an, Ihr Welpe kennt noch kein Halsband und keine Leine. Entsprechend chaotisch kann sich Ihr erster gemeinsamer Versuch eines Spazierganges gestalten. Denn, was tut er? Er bleibt sitzen, stäubt sich, hat offensichtlich Angst. Man kommt keinen Schritt voran. Das alles ist soooooo neu und überhaupt...wo ist die Mama und die Geschwister...was will Frauchen von mir... ich will auf den Arm... ich will nach Hause! Ach Gott, ist er nicht niedlich, der arme kleine Kerl! Hand aufs Herz, was würden Sie jetzt am Liebsten tun? Genau: Aha. Mal schauen, was der Hund verstanden hat: Haben Sie gemerkt? Der Hund versteht nicht die einzelnen Worte, wohl aber den Tonfall. Und was macht der Tonfall? Genau! Er lobt den Hund, bestärkt ihn in seinem momentanen Ist-Zustand, also in der Angst. Wollen Sie das? Nein? OK, dann machen wir es jetzt einmal anders: Gehen Sie einfach weiter und ziehen Sie den Hund sanft aber bestimmt mit, koste es, was es wolle. Reden Sie ihm gut zu. „Gut“ heißt dabei: ermunternd, fröhlich, ungefähr wie wenn Sie sagten „Komm, wir machen jetzt so richtig einen drauf!“ Es wird (sehr bald) der Moment kommen, in dem der Welpe für eine Sekunde einfach vergisst, Angst zu haben. In diesem denkwürdigen Augenblick gehen Sie bitte in die Hocke und loben ihn, was das Zeug hält. Leckerli nicht vergessen! So, jetzt gehen wir weiter und schauen, was die Welt so bietet, animieren ihn zum Laufen, Unsinn machen, Spielen, was auch immer. Nur eines nicht: Wir lassen den Hund nicht in seiner Angst verharren und bestärken dies nicht auch noch mit Quasi-Lob! Ich verspreche Ihnen, beim dritten Anlauf ist das hasenherzigste Hundekind leinenführig und das Thema ist durch. Ist das Prinzip klar geworden? Wir müssen uns also, wenn wir vor einem ähnlichen Problem mit unserem Hund stehen, immer folgendes überlegen:
Soweit klar? Was sollten wir stattdessen tun?
Suchen Sie also jetzt schon ganz gezielt gerade die Situationen, die im Verlaufe eines langen Hundelebens nun einmal vorkommen können und wo es wünschenswert wäre, daß der Hund sozusagen den Überblick behält. Helfen Sie Ihrem Hund dabei, ruhig , entspannt und souverän zu reagieren, indem Sie solches Verhalten belohnen und anderes gezielt überhören und übersehen. Und verschieben Sie all diese Unternehmungen keinesfalls auf „später, irgendwann“. Denn gerade das, was der Hund in diesen Tagen und Wochen kennen lernt, wird er ein Leben lang als normal und selbstverständlich empfinden, er wird in unübersichtlichen oder unerwarteten Situationen einen klaren Kopf behalten und dabei selbstsicher, gelassen, angstfrei und sozial kompetent reagieren. So, nun haben Sie bereits einige entscheidende Dinge verstanden und verinnerlicht. Andererseits tun sich Ihnen wahre Abgründe auf. Sie fangen an zu ahnen, daß Sie in nächster Zeit einiges werden beachten müssen und daß sich Hunde im Allgemeinen nicht von alleine erziehen. Das sollte Ihnen aber keine Angst machen! Die Dinge sind viel einfacher als Sie denken, vorausgesetzt, Sie gehen die Erziehung rechtzeitig, bewusst und konsequent an. Außerdem: Ihr Hund kann bereits eine ganze Menge.
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