OCD

(Osteochondrosis dissecans)


Um die Entstehung von OCD zu verstehen, muss man zuerst wissen, wie ein Knochen wächst. Der Knochen wächst beim Jungtier sowohl in den Wachstumsfugen, als auch im Bereich der Gelenksflächen. In den Wachstumsfugen und an den Gelenksflächen entstehen Knorpelzellen durch Zellteilung. Diese werden im Verlauf der Entwicklung in Knochenzellen umgewandelt.

Was ist OCD?

OCD im Bereich der Gelenksflächen entsteht so, dass sich die Knorpelzellen sehr schnell teilen und der Verknöcherungsvorgang zu langsam fortschreitet. Der Gelenksknorpel wird dadurch sehr dick. Weil Knorpel keine Blutgefässe enthält, wird er von der Gelenksschmiere her mit Nährstoffen versorgt. Bei einem sehr dicken Gelenksknorpel werden die Knorpelzellen, welche am weitesten vom Gelenk entfernt liegen ungenügend mit Nährstoffen versorgt. Sie sterben ab. Der Gelenksknorpel ist dadurch nicht mehr fest mit dem darunterliegenden Knochen verbunden und löst sich vom Knochen ab. Zusätzlich entstehen Risse im Gelenksknorpel, durch welche Gelenksschmiere zwischen Knorpel und Knochen eindringen kann. Der Gelenksknorpel wird dadurch abgelöst. Die abgelöste Knorpelscheibe kann entweder am Ort bleiben, oder auch im Gelenk "wandern". Man spricht dann von einer Gelenksmaus. In jedem Fall werden Abbauprodukte der abgestorbenen Knorpelzellen freigesetzt und führen zu einer Entzündung mit Schmerzen im betroffenen Gelenk. Erst jetzt tritt eine Lahmheit auf. Wenn die Ursache der Erkrankung nicht behandelt wird, bleibt die Entzündung bestehen und wird chronisch. In der Folge entwickelt sich eine Arthrose, das heißt eine degenerative Gelenkserkrankung. Es kommt zu knöchernen Zubildungen in und ums Gelenk. Diese Veränderungen sind nicht mehr rückgängig zu machen, und es entsteht ein bleibender Schaden am Gelenk.

OCD im Bereich der Wachstumsfugen ist die andere Entwicklungsstörung im Rahmen des OCD Komplexes, die zu Problemen am Bewegungsapparat führen kann. Wie oben beschrieben, kann die Verknöcherung von Knorpelzellen auch in den Wachstumsfugen verzögert sein. Dies führt dazu, dass Knochen unterschiedlich schnell wachsen. Folge davon sind Entwicklungsstörungen von Gelenken, an denen die unterschiedlich wachsenden Knochen beteiligt sind. Es kommt zu ungleichmäßiger Belastung der Gelenke, zu einer Entzündung und als Folge davon zu Arthrose, das heißt zu Veränderungen im Gelenk, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Es können auch Wachstumsfugen von Knochenfortsätzen betroffen sein, die an der Bildung von Gelenken beteiligt sind. Diese Knochenfortsätze können am Knochen abbrechen und das Gelenk schädigen. Dies ist vor allem ein Problem im Ellenbogen. Man ordnet diese Erkrankung der Ellenbogendysplasie zu.

Entstehung

OCD führt vor allem beim jungen Hund im Alter zwischen vier bis zwölf Monaten zu Lahmheit. Es erkranken häufig Hunde, die sehr schnell wachsen und im Vergleich mit Altersgenossen eher schwer sind. OCD tritt häufiger bei männlichen als bei weiblichen Hunden auf. Sie wird vor allem bei Rassen festgestellt, die im Erwachsenenalter ein Gewicht von 25 Kilogramm und mehr erreichen. Einige der häufig betroffenen Rassen sind der Labrador und Golden Retriever, der Rottweiler, die Deutsche Dogge, der Bernhardiner, der Deutsche Schäferhund und der Berner Sennenhund. Es können aber fast alle grossen Hunde, also auch Mischlinge an OCD erkranken. Ein weiterer Punkt, der neben dem Gewicht eine Rolle spielt, ist die körperliche Aktivität des Hundes. Je aktiver der Junghund ist, desto stärker werden die vorgeschädigten Knorpelstrukturen belastet, desto eher kommt es zur Ablösung von Gelenksknorpel oder zum Abbrechen von Knochenfortsätzen. Die Veranlagung zur Erkrankung an OCD wird vererbt, da gewisse Linien in derselben Rasse gehäuft an OCD erkranken. Betroffene Gelenke sind vor allem das Schultergelenk, der Ellenbogen, das Knie und das Sprunggelenk.

Diagnose

Damit der Grund für das Hinken eines jungen Hundes festgestellt werden kann, ist die Vorgeschichte der Lahmheit für den Tierarzt unerlässlich. Anschliessend erfolgt ein korrekt und sorgfältig durchgeführter Lahmheitsuntersuch. Wichtigstes Mittel für die Diagnose einer OCD ist der Röntgenuntersuch. Auf dem Röntgenbild kann der Tierarzt Veränderungen in den Wachstumsfugen oder das Ablösen von Knorpelscheiben im Gelenk feststellen. Der Besitzer eines jungen Hundes sollte sich mit der Diagnose "Wachstumsstörung" nicht zufrieden geben, ohne dass Röntgenbilder der betroffenen Gelenke gemacht worden sind.

In welchem Alter tritt OCD am häufigsten auf ?

Das häufigste Anzeichen einer OCD Erkrankung ist eine Lahmheit bei einem jungen Hund, die nach einigen Tagen Leinenzwang nicht spontan verschwindet. Meist ist die Lahmheit zu Beginn relativ diskret, wird aber im Verlauf der Erkrankung immer stärker und kann dazu führen, dass die erkrankte Gliedmasse gar nicht mehr abgestellt wird. Das erkrankte Bein wird oft nach außen rotiert und gleichzeitig an den Körper gedrückt. Häufig zeigt der Hund Abwehrbewegungen oder jammert, wenn das erkrankte Bein manipuliert wird, wie dies etwa beim Pfotenreinigen durch den Besitzer geschieht. Ein weiteres Zeichen einer OCD Erkrankung kann sein, dass ein Gelenk anschwillt. Häufig ist die Schwellung weich, und kann eingedrückt werden, ohne dass der Hund Schmerzen zeigt. Die Schwellung beruht darauf, dass es aufgrund der Entzündung zu einer vermehrten Produktion von Gelenksschmiere kommt. Dies ist von außen sichtbar.

Behandlung und Therapie

Bei einigen Formen von OCD kann auf eine Operation verzichtet werden. Wichtig für das Gelingen einer nicht operativen Behandlung ist eine strenge Diät und strikter Leinenzwang. Der Einsatz von Schmerzmitteln ist umstritten. Einerseits führen Schmerzmittel und Entzündungshemmer zu einer Reduktion der Entzündung im Gelenk und zu einer Verminderung der Schmerzen. Dies steigert das Wohlbefinden des Hundes. Andererseits ist ein komplett schmerzfreier Hund viel schwieriger ruhigzustellen. Die nicht operative Behandlung führt vor allem bei Hunden zum Erfolg, die beim Erkennen der Erkrankung jünger als 6 Monate sind. Der Tierarzt kann aufgrund des Röntgenbilds entscheiden, ob ein nicht operativer Behandlungsversuch Sinn macht. Der Verlauf der Erkrankung muss in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Wenn die Lahmheit nach ein bis zwei Monaten nicht verschwindet, ist ein chirurgischer Eingriff unumgänglich. Je nach Art und Lokalisation der Erkrankung wählt der entsprechend ausgebildete Tierarzt die Methode, welche am ehesten ans Ziel führt. Ziel der Behandlung muss sein, dass der Hund wieder ein hundegerechtes Leben führen kann und nicht zeitlebens Schmerzen haben muss. Die meisten Gelenkserkrankungen werden immer noch operiert, indem das Gelenk eröffnet wird. Zuerst wird der Hund in Narkose gelegt, und das zu eröffnende Gelenk wird so gereinigt, dass möglichst wenig Bakterien auf der Haut verbleiben. Anschließend wird das Gelenk vom steril eingekleideten Chirurgen eröffnet, ohne dass umliegende Strukturen geschädigt oder verletzt werden. Die abgelösten Knochen- oder Knorpelstücke werden entfernt oder fixiert. Anschließend wird das Gelenk mit speziellen Fäden wieder geschlossen, und es erfolgt eine angebrachte Nachbehandlung.

Diese Methode wird jetzt aber auch in der Veterinärmedizin teilweise durch die Arthroskopie abgelöst. Bei der Arthroskopie wird die Optik einer kleinen Kamera mit der Dicke einer Bleistiftmine ins Gelenk eingeführt. Mit der Kamera kann das Gelenk betrachtet werden. Über einen zweiten Kanal kann unter Sicht durch die Kamera mit geeigneten Instrumenten im Gelenk operiert werden. Abgelöste Knochen- oder Knorpelstücke können entfernt und kranker Gelenksknorpel kann von der Unterlage abgekratzt werden. Die Arthroskopie setzt aber viel Übung des Chirurgen voraus und ist längst nicht für alle Gelenksprobleme das Mittel der Wahl.