16. Die Futterrangordnung(Aller Anfang ist der Knochen)Die Etablierung der richtigen
Futterrangordnung ist ein ganz wichtiger Punkt in der aggressivitätsvorbeugenden
Hundeerziehung. Sie klärt mehr als tausend Worte oder gar Schläge. Und dabei
ist sie sehr einfach. Wir müssen den Welpen nur von Anfang an daran gewöhnen,
daß er stets nach den Familienmahlzeiten gefüttert wird (denn der Chef frisst
zuerst), daß er niemals vom Tisch etwas abbekommt (denn der Chef teilt nicht)
und daß er sein Futter und auch den Kauknochen jedem Familienmitglied
freiwillig wieder hergeben muß. All dies läßt sich mit einem Welpen leicht
und völlig untraumatisch üben. Mehr noch, diese Übungen geben uns reichlich
Gelegenheit für viel Lob und Belohnung, nämlich immer dann, wenn der Hund
willig und diszipliniert mitmacht. Wie das geht? Ganz einfach! Hündchen rufen,
Hündchen „Sitz!“ (wahrscheinlich muß es die ersten Male dabei noch
festgehalten werden), ein bisschen Futter vor seine Nase hinlegen, Hündchen
immer noch „Sitz!“, braves Hündchen, liebes Hündchen, so, jetzt kannst du
fressen, guter Hund! Gleich zwei Gründe zur Freude, denn einmal wurde ausgiebig
gelobt und zweitens schmeckt es nach solch einer kleinen Übung doppelt gut. Und
jetzt, weil es so schön war, gleich noch mal: Einen Moment aufhören zu
fressen, „Sitz!“, braver Hund, ganz lieber –brave r-feiner Hund, so, jetzt
friss weiter. Ist das nicht verblüffend einfach? So ein Welpe hat noch keine
Ahnung davon, daß ihm diese kleine Übung, konsequent immer wieder durchgeführt,
einmal viel Ärger und Rangordnungsunsicherheiten ersparen wird. Aber Sie wissen
es jetzt. Sorgen Sie also dafür, daß er es gar nicht anders kennt, als daß
Sie letztlich der Eigentümer seines Futters sind, daß Sie darüber
entscheiden, wer wann was zu fressen bekommt, und daß ihm selbst sein
herzallerliebster Kauknochen immer wieder einmal weggenommen wird. Aber
Vorsicht! Auch hier gilt: Was Hündchen nicht lernt, lernt Hund nur noch schwer.
Wir dürfen diese Dinge also keinesfalls auf später verschieben, dies wäre
nicht nur unzweckmäßig sondern mitunter auch gefährlich. Großwüchsige,
wehrhafte Hunde sind einmal, stärker oder zumindest besser bewaffnet als wir
Menschen. Mit anderen Worten: Wenn ein ausgewachsener Rottweiler seinen Herrn
angreift, dann hat dieser schlechte Karten. Man darf sich da nichts vormachen,
in solch einer Situation würde jeder Angst bekommen und das sogar berechtigt.
Der Hund wiederum spürt diese
Angst noch bevor sie uns selbst bewusst wird, was unsere Lage nicht gerade
verbessert. Auch Futterrangordnung muß deshalb auch von Anfang an geklärt
sein, damit man in eine solche Situation gar nicht erst gerät. Natürlich müssen
diese Übungen auch über das Welpenalter hinaus durchgeführt werden. Da der
Hund es nicht anders kennen gelernt hat, ist das nicht weiter schwierig. Wie wir
es bereits sagten, ist es sehr empfehlenswert, Welpen aus der hand zu füttern
und das Fressen mit Auflagen zu verbinden. Das heißt, daß Sie dem Tier nur
dann Futter geben, wenn es dafür kleinen Übungen wie beispielsweise
„Komm!“, „Sitz!“ oder „Platz!“ brav durchgeführt hat. Es gibt
Tiere, die man sogar lebenslänglich auf diese Art füttern sollte. Sprechen wir
es ruhig aus: Es hätte schon manchem aggressiv gewordenen großen Hund die
Euthanasie (einschläfern) bei bester Gesundheit im vierten Lebensjahr (das ist
der Zeitpunkt, wann schlecht geführte dominant veranlagte Hunde meistens endgültig
und ganz und gar „durchdrehen“) erspart, wenn über die Handfütterung nach
Vorleistung täglich daran erinnert worden wäre, wer der Herr im Hause ist. Und
wer nicht. Und wenn Sie es jetzt sogar übers Herz brächten, Ihrem Hund ab und
an die besten Brocken aus der Schnauze zu nehmen, um sie dann meisten, aber
lange nicht gleich immer, gleich wieder zurückzugeben (einiges davon darf dabei
ruhig auf nimmer wieder sehen in Ihrer Hosentasche verschwinden), dann hätten
Sie Ihrem Tier wirklich klargemacht, daß Sie das Rudelmitglied mit der
unzweifelhaft obersten Stellung in der Futterordnung sind. Der Boss eben. Allen
Hundefreunden mit demokratischer Gesinnung und einem ausgeprägten Sinn für
Fairness werden sich allein bei der Vorstellung solcher
„Schikanierungsprogramme“ die Nackenhaare sträuben. Es sei Ihnen an dieser
stelle ans Herz gelegt, darüber nachzudenken, was Ihren Vierbeinern wohl auf
lange Sicht zuträglicher ist: Wenn wir auf solche Art, durch die Blume
sozusagen, für klare Verhältnisse sorgen, oder wenn wir zulassen, daß sich
ein dominant veranlagter Hund zu lästigen Familientyrannen entwickelt. Aber Sie
haben gesehen: Auch die Futterrangordnung kann, wie auch mit viel Lob, mit
Belohnungen (in diesem Fall Futter), ja letztlich mit Spaß und Freude auf
beiden Seiten geklärt und entschieden werden. Vorausgesetzt, wir gehen es
rechtzeitig und richtig an. Wenn man das Prinzip der bewussten und gezielten
Belohnung der Unterordnung seitens des Hundes einmal durchschaut hat, wenn man
es mit Konsequenz, Geduld und nach Autorität im täglichen Leben umsetzt, dann
kommt man mit nahezu jedem Hund zurecht. Das „tägliche Leben“ ist dabei
durchaus wörtlich zu nehmen. Es gibt nicht selten Hunde, denen wir auf diese
und auch auf andere Art (wir werden es im Folgenden noch sehen) täglich aufs
Neue klarmachen müssen, daß wir ihnen von Anfang an und immer noch stets und
ständig überlegen sind, damit Zweifel gar nicht erst aufkommen.
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